Definition Kraft
Die Kraft ist eine motorische (konditionelle) Fähigkeit, die es ermöglicht, durch Muskelaktivität Widerstände zu überwinden, ihnen nachgebend entgegenzuwirken oder sie zu halten.
Kraft und Krafttraining
Aus biomechanischer Sicht wird zwischen statischen und dynamischen Kontraktionen unterschieden, innerhalb derer physiologisch betrachtet mit Blick auf die Veränderung der Muskellänge und -spannung (Kraft) wiederum fünf Kon-traktionsformen zu unterscheiden sind:
1. Statische Kontraktionen
- Bei isometrischen Kontraktionen bleibt die Muskellänge (annähernd) gleich, und die Muskelspannung (Kraft) verändert sich (z. B. beim Halten einer Last oder bei der Arbeit gegen einen unüberwindbaren Widerstand).
2. Dynamische Kontraktionen:
- Isotonische Kontraktionen umschreiben eine Muskelverkürzung bei gleichbleibender Zugspannung (Kraft). Isokinetische Kontraktionen beschreiben eine Muskelkontraktion mit konstanter Verkürzungsgeschwindigkeit. Isotonische und isokinetische Kontraktionen können nur maschinell erzeugt werden und kommen bei natürlichen Bewegungen nicht vor.
- Auxotone Kontraktionen: Sowohl die Muskellänge als auch die entfaltete Kraft im Kontraktionsverlauf verändern sich. Fast alle natürlichen Bewegungen basieren auf auxotonen Kontraktionen.
- Konzentrische Kontraktionen: Der Muskel verkürzt sich (z. B. Überwindung eines Widerstands, Heben einer Last).
- Exzentrische Kontraktionen: Der Muskel verlängert sich während der Kontraktion (z. B. Triceps brachii beim Absenken der Hantel beim Bankdrücken, auch nachgebendes Entgegenwirken gegen eine zu große, nicht zu haltende Last wie z. B. die Hilfestellung bei der Landung beim Hockabgang vom Reck).
Die Maximalkraft kennzeichnet die höchstmögliche Kraft, die vom Nerv-Muskel-System willkürlich gegen einen Widerstand erzeugt werden kann.
Die Schnellkraft kennzeichnet die neurotendomuskuläre Fähigkeit, einen möglichst großen Kraftimpuls bzw. Kraftstoß in kurzer Zeit zu generieren.
Die Kraftausdauer ist die Fähigkeit, einen möglichst hohen Kraftimpuls bzw. eine möglichst hohe Impulssumme bei einer dauerhaften Arbeit gegen höhere Lasten zu produzieren. Die Kraftausdauer ist die Fähigkeit, bei einer bestimmten Wiederholungszahl oder einer definierten Belastungsdauer die Abnahme der Muskelleistung möglichst gering zu halten.
Für jedes Krafttraining gilt es zunächst, die Fertigkeit der jeweiligen Kraftübung sicher zu beherrschen, bevor mit höheren Lasten gearbeitet wird. Im Kindes- und Jugendalter ist ein Krafttraining behutsam einzuführen und aufzubauen, und es sind ausschließlich altersadäquate Trainingsinhalte in der Weise einzusetzen, dass Überlastungen des Stütz- und Bewegungsapparats vermieden werden. Einem Krafttraining ist in jeder Trainingseinheit ein Erwärmungsprogramm vorzuschalten (Hottenrott et al. , 2023, S. 595–600).
Nach Martin Zawieja und Klaus Oltmanns (2016, S. 39–40) ist das Krafttraining mit Kindern möglich und wirksam. Die Trainingseffekte sind nachgewiesen. Die gesundheitlichen Gefährdungen sind bei qualifiziertem Vorgehen nicht höher als in anderen Sportarten. Krafttraining mit Kindern ist sinnvoll und notwendig. Der rückläufigen allgemeinen Fitness der Kinder muss entgegengearbeitet werden. Der mehrjährige Leistungsaufbau in Verbindung mit dem typischen Beginn der Hochleistungsetappe führt zwangsläufig zu einem rechtzeitigen Beginn des systematischen Trainings, auch des Krafttrainings. Die intensive Phase der Knochenmineralisierung hat ein frühes Zeitfenster und benötigt entsprechende Kraftanforderungen.
Krafttraining im Boot
Erhöhte Kraftreize im Boot lassen sich leicht realisieren durch:
- Hydrobremsen (Gummibänder um die Außenhaut des Bootes, geschleppte Blechdosen),
- geteilte Arbeit (Halbmannschaftsrudern),
- Erhöhung des Kraftaufwandes pro Schlag, auch Gegenwindrudern,
- Wechsel aus der Stammbootsgattung (z. B. höhere Kraftreize durch den Wechsel vom Großboot zum Kleinboot).
Die Kontraktionsweise der beteiligten Muskeln ist beim Krafttraining im Boot logischerweise sehr wettkampfähnlich. Die Höhe der Kraftreize liegt allerdings im Allgemeinen unter denen des Krafttrainings an Land. Ein weiterer Punkt sollte zumindest unter finanziellen Aspekten Beachtung finden: Die Beanspruchung des Bootsmaterials ist bei dieser Trainingsform weitaus größer als beim normalen Rudern.
Hinweis: Inhalte und Übungen zum Krafttraining und Athletiktraining sind in der Trainingsmethodischen Grundkonzeption des DRV und in den Trainingsempfehlungen für Jungen und Mädchen der DRJ enthalten.
Krafttraining in der Prävention
Kraft als motorische Eigenschaft bezeichnet die Fähigkeit, Widerstände zu überwinden bzw. diese zu halten. Mittlerweile hat sich das Wissen durchgesetzt, dass Krafttraining nicht gleichbedeutend mit „Bodybuilding“ und folglich nicht zwangsläufig mit dem Heben schwerer Gewichte verbunden ist. Traditionell wird Krafttraining erfolgreich in der orthopädischen Rehabilitation eingesetzt, um die mit der Schonung/Immobilisation einhergehenden Funktionsverluste zu beschränken. Vor dem Hintergrund einer abnehmenden Muskelmasse und -kraft jenseits des 30. Lebensjahres (30-40 % bis zum Alter von 70 Jahren) gewinnt Krafttraining unabhängig von der Indikation generell für den alternden Menschen hinsichtlich seiner Alltagsfunktion eine große Bedeutung.
Neben einer gesteigerten Muskelmasse und -kraft wirkt sich Krafttraining auch positiv auf weitere Strukturen des Bewegungsapparats aus. Dies äußert sich z. B. in einer besseren Haltung und erhöhten Festigkeit des Skeletts. Zusammengenommen erlauben diese Trainingsadaptationen eine wirksame Prävention und Therapie von Osteoporose und Arthrose. Sporttherapeutische Krafttrainingsinterventionen bei bestehenden Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats setzen jedoch biomechanische Kenntnisse zur optimalen Belastungsgestaltung voraus (Mooren & Reimers, 2018, S. 8–9).
Literatur
Hottenrott, K. et al. (2023). Sportmotorische Fähigkeiten und sportliche Leistungen – Trainingswissenschaft. In A. Güllich & M. Krüger (Hrsg.). Sport. Das Lehrbuch für das Sportstudium (2. Aufl., S. 595–600). Berlin: Springer Spektrum.
Mooren, F. C. & Reimers, C. D. (Hrsg.). (2018). Praxisbuch Sport in Prävention und Therapie. München: Elsevier.
Zawieja, M. (2013). Leistungsreserve Hanteltraining. Handbuch des Gewichthebens für alle Sportarten (2. Aufl.). Münster: Philippka.
Zawieja, M. & Oltmanns, K. (2016). Kinder lernen Krafttraining (2. Aufl.). Münster: Philippka.