Marc Swienty, Trainer am Sportinternat Ratzeburg, an der Langhantel

Krafttraining im Rudern

Das Krafttraining im Rudern ist ein Bestandteil des Konditionstrainings neben dem Wassertraining und dem Grundlagenausdauertraining an Land. Rein physikalisch gesehen beruht die Ruderbewegung auf der beschleunigenden Wirkung von Kräften auf das Stemmbrett und die Innenhebel der Skulls bzw. Riemen. Somit können Wirkungen der Muskelkraft mit mechanischen Gesetzen beschrieben werden: Kraft (F) = Masse (m) × Beschleunigung (a)

Weitaus schwieriger ist die definitorische Klärung der Kraftleistung der Muskulatur des Menschen. Hier kann und darf man nicht lediglich die Resultate der arbeitenden Muskeln betrachten, vielmehr erschwert die Vielzahl von Gelenken und die sich daraus ergebenden Bewegungsmöglichkeiten die Festlegung auf eine quantitative Definition der Kraft. Es kommt hinzu, daß bei nahezu allen sportlichen Bewegungen einige Muskelgruppen, die so genannten Synergisten, in die gleiche Richtung, andere, die so genannten Antagoniste, gegenläufige Kraft entwickeln.

Definitionsgemäß spricht man von Kraft, wenn Krafteinsätze mit mehr als 30% des Maximalkraftpotentials realisiert werden.

Biologisch-physiologisch gesehen ist Kraft die Fähigkeit des Nerv-Muskelsystems, durch Muskeltätigkeit Widerstände zu überwinden, ihnen entgegenzuwirken bzw. sie zu erhalten.

Grundsätze zur Durchführung des Krafttrainings

  1. Für das Krafttraining an Land, insbesondere das Maximalkrafttraining, ist eine gute allgemeine körperliche Grundausbildung unbedingte Voraussetzung. Aus Erfahrung hat sich vor allem im Nachwuchsbereich bewährt, mit einem intensiven Krafttraining erst zu beginnen, wenn zu Beginn der Vorbereitungsperiode im Herbst eine 2- bis 4-wöchige Grundlagenausdauerentwicklung vorangesetzt wurde, deren Dauer abhängig vom Trainingsalter, Konditionsstand der Ruderer und dem Abstand zur Regattasaison ist.
  2. Mit höherem Leistungsniveau sollte das Krafttraining in zunehmendem Maße in der Wettkampfübung stattfinden, ohne das spezielle Training an Land zu vernachlässigen. Ein spezifisches Krafttraining im Boot erfordert allerdings bereits ein rudertechnisch hohes Niveau.
  3. Die Übungen im Krafttraining sollten von den Sportlern auch alle bewegungstechnisch beherrscht werden. Die Verletzungsgefahr ist ansonsten zu groß. Maximalkraftübungen sollten immer mit mehreren Sportlern (als Hilfestellung) durchgeführt werden.
  4. In allen Organisationsformen und Zielsetzungen des ruderischen Krafttrainings ist darauf zu achten, daß neben der Ausbildung der Hauptmuskelgruppen auch die Antagonisten nicht vernachlässigt werden.
  5. Weniger die Wahl des Trainingsmittels als die exakte Dosierung ist entscheidend zur Erreichung des Trainingsziels. Allerdings gilt für den Ruderer auf hohem Niveau auch, daß seine Möglichkeit, die Vielfalt der Trainingsmittel auszuschöpfen, immer geringer wird. Spezielle Kraftausdauer- und Kraftentwicklung auf hohem Niveau bedingen den Einsatz ruderähnlicher Übungen bzw. das Rudern selbst.
  6. Auftretende Beschwerden bei bestimmten Übungen sollten ernstgenommen werden; die Übung sollte aus dem Programm herausgenommen bzw. die Trainingseinheit unter Umständen abgebrochen oder eine alternative Belastung angesetzt werden.

Quelle: Deutscher Ruderverband (Hrsg.). (2007). Rudern lehren und lernen. Materialien für die Trainer- und Ruderlehrerausbildung. Hannover.

Merksätze zum gesundheitsorientierten Krafttraining

Vielseitig trainieren
Kräftigung und Dehnung verbinden, Ganzkörpertraining

Erwärmen
Mindestens: Lockerungsübungen, Trainingsübungen in leichten Intensitäten vorschalten

Nachbereiten
Nachdehnen, Auslaufen o. ä., passive Regeneration (z. B. warmes Bad)

Schonung der Wirbelsäule und Gelenke
Funktionelle Übungen auswählen, eigenes Körpergewicht überwinden, keine zu großen Zusatzlasten, alternative leichtere Übungen wählen

Individuell trainieren
Nicht von anderen Trainierenden leiten lassen, individuelle Eingangsdiagnostik, individuelle Trainingsprogramme

Nicht alle Muskeln kräftigen
Vorgehen entsprechend individueller muskulärer Dysbalance

Atmung beachten
Ausatmung beim Spannungsaufbau, Atmunf während des Übens beachten, Atmung und Übung kombinieren

Gelenkachsen einhalten
Funktionelle Gelenkachsen einstellen, Vermeidung von Scherkräften

Ruhige und korrekte Bewegungsausführung
Beim Üben bewusst konzentrieren, ggf. Spiegel oder Partnerkorrektur nutzen, möglichst keine Ablenkungen, Qualität vor Quantität

Langsam trainieren
Bewusste Bewegungen, beide Bewegungsrichtungen langsam durchführen, langsame Steigerung der Trainingsbelastung

Erst bei Beachtung der oben genannten Regeln kann das gesundheitsorientierte Krafttraining seine Potenzen entfalten (Vogt & Neumann, 2007, S. 49).

Vogt, L. & Neumann (A. (Hrsg.). (2007). Sport in der Prävention. Handbuch für Übungsleiter, Sportlehrer, Physiotherapeuten und Trainer. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag.

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